TV-Experten-Bingo

Bei den TV-Sendern genügen die Live-Kommentatoren längst nicht mehr. Vor und nach den Spielen und während der Pause geben Experten, in der Regel ehemalige Profis, ihre kürzeren und längeren Analysen zum besten. Wir Schweizer haben dabei das Vergnügen auch über die Grenzen zu schauen und zu hören, was die Nachbarn so „besser wissen“.

Bei der ARD ist es das unvermeidliche Duo Delling/Netzer, das sich seit, so scheint es, Jahr und Tag ihre ehekrächernen Streitigkeiten zuwirft. Das war zu Beginn durchaus erfrischend, verkommt heute aber zu einer lahm kalkulierten Showkiste. Dabei tritt Delling stets als naiv unwissender Fernsehmann auf, wirft Netzer die Brocken hin, die dieser dann mit einer Mischung aus Wissen und Sarkasmus kontert. Günter Netzer verfügt ganz zweifellos über einen grossen Sachverstand, aber der geht zu oft in den öden Wortbrücken Dellings und der berechneten Realsatire und der scheinbar ominpräsenten ARD-Tagesschau unter.
Vorschau-Fazit: Auffrischung nötig, Einschalten nicht.

Das ZDF schickt ein neues WM-Team in die guten Stuben: Sportfrau Katrin Müller-Hohenstein, die anlässlich des WM-Halbfinals Deutschland – Italien mit einem überdimensionierten Deutschland-Rock moderierte und damit der vielleicht nur in Träumen gewünscht unabhängigen Sportberichterstattung endgültig und bildlich das Deutsche Aus bescherte, bespricht sich mit Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn. Kahn einst als Hitzkopf die Bundesliga „belebend“ gibt dabei extrem langweilige Platitüden von sich – fast gähnt man mit Kahn mit. Urs Meier übrigens wird bei strittigen Szenen und Schiedsrichterentscheiden als Experte herangezogen. Gut so, denn fussballtaktisch war Meier zuvor ein steter Ausfall.
Vorschau-Fazit: Langweilig, voreingenommen, umschalten!

Die Österreicher setzen wohl auch dieses Jahr auf Herbert Prohaska, mit dem sie einen wirklichen Kenner im Studio haben, der sich nicht scheut, mit typisch österreichischem Schmäh freilich, klare und zutreffende Analysen abzugeben und Kritik zu üben, die Hand und Fuss hat.
Vorschau-Fazit: mein Tipp, einschalten!

In der Schweiz kommen wir wiederum in den Genuss, jedes Spiel verfolgen zu können. Spielt die Schweiz steht Alain Sutter, einst sogar bei Bayern, als Experte bereit. Das geht schon seit einigen Jahren so und ist ein stetes Auf und Ab. Richtig kritisieren mag Alain seine Kollegen nicht, auch wenn sie mal wieder grausamsten Fussball bieten. Da wird dann dem schlechtesten Spiel noch etwas Gutes abgewonnen. Ein wenig mehr Pfeffer in den Analysen und ein bisschen weniger Blabla wäre wünschenswert. Schade ist Jörg Stiel nationalintern zu einem klitzekleinen Sportsender ausgewandert.
Vorschau-Fazit: schwankend, je nach Gast im Studio, mit dem Finger auf der Fernbedienung.